Mit dem Gleitschirm im Pinzgau
von Roberto

13.05.2008 Schmittenhöhe – Bischofshofen

Der Wetterbericht versprach auf jeden Fall gutes Wetter und die Bestätigung kam von Frank per SMS: Stefan Hörmann hatte für heute einen Hammertag gemeldet :))) (sollte auch vorerst der letzte werden), also nichts wie hoch… Morgens um 11:00 war ein wunderschöner blauer Himmel, die Cumuli ließen noch auf sich warten. Der Drachenpilot berichtete, dass gestern ein Hammertag war und ich habe mich ein bisschen geärgert, dass ich nicht direkt hierher gefahren bin… Der Südost Startplatz war komplett verschneit und das Rüberkommen auf der Südseite sah sehr knapp aus bei ein Paar Piloten, die eben gestartet waren, also entschieden wir uns für den Südstartplatz.

Die Hausthermik war zuverlässig zu finden und schnell befand man sich auf „dem Dach der Welt“ 😉 Die Aussicht bei um die 3300m war schlichtweg atemberaubend und ich ahnte schon, dass der heutige Tag Spaß machen würde 🙂 Strecke zu machen war jedoch zu diesem Zeitpunkt kein Selbstläufer. Zwischendurch war die gefundene Thermik eher ein Nullschieber. Meter für Meter habe ich mich hochgekämpft bzw. gehalten. Zwei IcaroPiloten, die mit mir unterwegs waren wurden ungeduldig und flogen weg. Ich dachte „lieber ein Nullschieber als 4m/s Sinken“, was sich auch als richtig erwies, die Icaro Jungs sinkten immer tiefer und ich dachte die saufen ab (auf dem Rückweg habe ich die aber doch getroffen). Ein Gleiti ein paar Kilometer weiter, den ich die ganze Zeit im Blick hatte, war selber dabei geduldig nach Steigen zu suchen. Und er hat’s auch gefunden, also nichts wie hin 🙂 So gings ein Weilchen weiter von Thermik zu Thermik. Zwischendurch hatten sich auch schon Cumulis gebildet.

Ab ca. 2700m waren die Bärte plötzlich ziemlich sportlich, also war konzentriertes Fliegen, also „AktivFliegen-Extreme“ angesagt. Ich hatte jedoch beim ganzen Flug vielleicht zwei ganz kleine Klapper, und ich habe mich unter dem Rush 2 sehr wohl gefühlt. Es war nur sehr kalt und ich musste meine Finger immer wieder vom Tiefstschlaf erwecken. Zum Teil habe ich die kleinen Finger nicht mehr gefühlt… Auf einmal waren keine Cumulis und keine Gleitis in meiner Richtung mehr zu sehen (nach ca. 1:30Std Flug). Hm, sind alle abgesoffen oder was? Ich entschied mich zurückzukehren und zu sehen was in der anderen Richtung zu machen ist (obwohl, im Nachhinein betrachtet, wäre es kein Problem gewesen einfach weiter zu fliegen). Wenn ich irgendwo absaufe, habe ich zumindest schon mal Hin- und Rückweg und ich lande näher am Zell am See. Außerdem war mir etwas kalt und ich musste erstmal die ganzen Eindrücke verarbeiten. O.k., ich war wieder bei der Schmitten und hatte über 3000m. Ein Starrflügler, der sich vor mir bis zur Basis hochgekämpft hat, ist direkt geradeaus über Zell am See geflogen. Meine Überlegung: ganz schon weite Talquerung. Wenn du da absäufst bist du schön in der Abflugzone des Flughafens. Obwohl mir da keine Kontrollzone bekannt war, dachte ich es könnte unangenehm werden… Mich wieder auf den „Pinzgauer Spaziergang“ zu begeben und dieselbe Strecke abfliegen hatte ich nicht so richtig Lust.

Ein Blick auf die andere Seite des Tales verriet, dass die Westflanken mittlerweile voll angestrahlt waren. Zu diesem Zeitpunkt waren keine Cumulis drüber, aber etwas müsste es geben! Also rauf aufs Gaspedal und rüberfliegen. Obwohl ich eine ordentliche Höhe hatte, ist dieses Tal verdammt breit! Die Aussicht war aber wieder gigantisch 🙂 Auf der anderen Seite angekommen tat sich erstmal nichts, dann habe ich einen Nullschieber gefunden, den ich in Flachlandfliegermanier nicht losgelassen habe. Durch die geringere Höhe war auch deutlich wärmer und das Auftauen hat auch meine Konzentration auf die Sprünge geholfen. Es hat sich auch gelohnt durchzuhalten, weil dann der Sektkorken nach oben ging und ich war „back on the game“ 🙂 Ich habe so lange gekreist, bis ich bei der Wolkenbasis angekommen bin. Wolkenbasis? Da waren doch noch keine Wolken! Die Wolkenstrasse hat sich in dem Moment wie durch Gottes Hand gebildet, wie bestellt! O.k., dann los geht’s! Die etwa 4 Talquerungen waren kein Thema, da die Thermik immer sehr zuverlässig auf der nächsten Flanke stand. Nur der Talverlauf war deutlich geschrumpft und Landewiesen in AirbusFormat gab’s nicht mehr, ein Hochplateu hier (wie komme ich von da weg?) und enge Strassen da, aber irgendeine Landewiese hätte sich bei der Höhe schon finden lassen können… Einzige gelegentliche Begleiter zu diesem Zeitpunkt waren die Segelflieger, die genau so schnell weg waren, wie die erschienen waren (was die für Strecken heute gemacht haben?!) O.k., und die Kälte, man habe ich da gefroren und gezittert (wieso habe ich eigentlich die Skijacke nicht angezogen?!) Zum Teil ging’s gut voran im Delphinstil, was deutlich effektiver und sicherer war als den Wolken zu Nahe zu kommen. Dann hat sich die Landschaft auf einmal geändert. Gerade aus ging es weiter auf einem etwas engeren Tal (Ennstal – im Nachhinein betrachtet möglicherweise die längere potenzielle Strecke) zu und nach links zu einer sehr schönen lieblichen Landschaft mit Hauptstrasse, Bahn und vielen größeren Dörfern. Ich entschied mich für die liebliche Landschaft und nicht für die Jotwede-Version, was aber wahrscheinlich das Ende des Fluges bedeutete. Na ja, mir war es kalt und die Aussicht auf eine komfortable Bahnrückfahrt war verführerisch 😉 Mein erster potentieller Landeplatz war eine wunderschöne Wiese an einer Flussschleife mit anschließendem Spaziergang am Fluss zum Bahnhof 🙂

Da ich schon deutlich tiefer war, war ich wieder in komfortableren Temperaturen und die Höhe reichte aus, um sich die Hügel aus der Nähe anzuschauen, was ich auch gemacht habe. Und ziehe da, nicht nur die hohen Berge sind aktiv… Das leichte und ruhige Steigen habe ich dann mit Vergnügen mitgenommen und dann kam wieder das Hammersteigen, das ich nicht verschmäht habe, aber es hieß wieder konzentriertes Arbeiten. Oben waren die Segelflieger wieder im Gange und mein Streckenflug ging weiter! Ich kam immer näher zu diesem wunderschönen Steinmassiv (Tennengebirge), perfekt von der Sonne angestrahlt. Hm, was nun, willst du wirklich versuchen DA drüber zu fliegen?! Das Tal links davon sieht ziemlich schmal aus… Und wer weiß, was da für Talwindsysteme herrschen?? Also entschied ich mich für die sicherere und bequemere Alternative „große Landewiese + Städtchen + Bahnhof“ und außerdem wollte ich einfach landen… Mit komfortabler Höhe konnte ich mein ausgesuchtes Feld nach Stromleitungen & Co. inspizieren. Mit Nullwind sauber und glücklich in Bischofshofen aufgesetzt 🙂 Die Bäuerin war zwar nicht so erfreut „von oben beglückt zu werden“, aber nachdem ich versprochen habe, dass ich ALLEN bescheid sage, das hier landen unerwünscht ist, war sie beruhigt 😉 Und dann ging’s komfortabel zurück mit der Bahn ;)…

Was mich am meisten vom Flug freut hat: eine (sehr außergewöhnliche) eigene Route über sehr abwechslungsreichem Gelände erfolgreich absolviert zu haben! Ich habe mir das OLC-Archiv angeschaut und diese Route nirgends gefunden! Also Erstbefliegung (?!) :))) Viele Grüße Roberto